„kommt Duo fliegen. Es macht echt Spaß!“

schrieb unsere Segelflugreferentin vor einigen Tagen per email. Und drei Wochen, nachdem unser neues Flaggschiff auf eigenen Flügeln in Marburg eingeschwebt war, wollten wir das dann doch auch endlich mal machen: Spaß!

Meine Flugerfahrung mit dem Duo xl beschränkte sich bis dahin auf drei Sitzproben: Einmal in Leibertingen letztes Jahr im August und zwei kurze Flüge rund um Marburg bei acht bis neun Achtel Bedeckungsgrad. Ansonsten durfte ich das neue Wundergerät von außen bestaunen, wahlweise vom hinteren Sitz der ASK-13 aus oder als Beifahrer im Bauern-Adler SF 25.
Der wichtigste Unterschied zum alten Duo – es gibt keinen. Außer eben der Chefsessel im Fond. Das Luxus-Gefühl auf diesem Sitzplatz, nein, in diesem Chaiselongue, ist schon fast dekadent. Rechts kann man bequem Mix-Getränke zubereiten, während Links das Frühstücksbuffet aufgebaut wird. Das kann jederzeit aus der Speisekammer hinter dem Rücken nachgefüllt werden und daneben ist noch ein Kleiderschrank angeordnet. Die Sonne scheint von hinten auf die Beine, zwischen denen noch Raum für die allfällig notwendige Bordbibliothek verbleibt. Die kann dort aber getrost liegen bleiben - das Rechenzentrum im Instrumentenbrett versorgt einem mit allem, was man wissen sollte auf Großbildleinwand. Das elende Gekicke der Nationalmannschaft haben wir darauf nicht mitgeschaut – nur Fliegen ist schöner!
Wo so viel Licht ist, gibt es immer auch Schatten. Die Haubenstrebe klackert unangenehm gegen die vordere Rückenlehne und beim Start hinter der hübschen Remo von Jörn quälten uns nervige Rückkopplungen im Funkgerät. Das ist bei der unglaublichen Stille in diesem Flugzeug schon fast eine Frechheit. Konsequenterweise wurde der Funk abgeschaltet, bis der Überflug der RMZ Allendorf anstand. Siehe da: Es funkte wieder einwandfrei. Nur Radio KV war hin und wieder ein bisschen aufdringlich. Bisweilen, aber wirklich nicht oft, mussten wir uns auch mit dem Steuern des Flugzeuges beschäftigen. Am frühen Nachmittag konnte sich das Wetter noch nicht so recht entscheiden, ob es nur gut oder gar sehr gut werden will. So nahmen wir anfangs auch Steigen unter 2 m/s an, wir hatten uns schließlich einen Spaßflug versprochen – ohne Stress und sinnlosen Ehrgeiz.
Mit dieser tiefenentspannten Einstellung gondelten wir gegen den Wind von fast 30 km/h Richtung Nordost. Eine schöne Wolkenstraße wies uns den Weg, aber ganz ohne Wasser vergingen doch fast zwei Stunden. Wir vertrieben uns die Zeit mit Anekdoten aus der Schulzeit im vorbeiziehenden Warburg und Göttingen bis das finstere Harzgebirge vor uns dräute. Jetzt sollte aber der wirkliche Spaßteil beginnen und so drehten wir rum und waren stantepede wieder in Kassel. Vielleicht ein bisschen tiefer als für einen reinen Spaßflug angezeigt, so daß wir neben dem Herkulesdenkmal ein bisschen uninspiriert über einem kleinen Steinbruch herumrührten, um den Thermikgott zu erwecken. Der hatte sich allerdings grad in den Schatten gesetzt und so blubberten müde 0.7 m/s auf dem Vario, als mein Blick auf die in der Sonne kochenden VW-Fabrikhallen mit schwarzen Dächern in Baunatal fielen. Darüber eine dicke dunkle, aber etwas zu Brei zerlaufene Wolkenbank, die eher Zweifel als Hoffnung weckte. Egal, dachte ich, daß muss besser sein. 560 Plus auf Grifte-Edermünde, also ab. Tobi hatte mir grad den Steuerknüppel überlassen und konnte es nicht verhindern. Der dicke dunkle Wolkenbrei war dann ein fulminantes Katapult und mit bis zu 4.4 m/s waren wir mit wenigen Kreisen auf Anflughöhe für Marburg – mittlerweile bei Basishöhe 2100 m. Ein bisschen Gleiten und Höhe wegziehen und Fritzlars Kontrollzone zog unter uns durch und dann waren wir schon wieder am Burgwald und es war noch jede Menge gutes Wetter übrig. Also, wieder im Hausbart geschwind hoch und weiter Richtung Süden mit 150-170 km/h. Gießen blieb liegen und nun drohte die Mauer des Luftraum Charlie von Frankfurt. Etwas unentschlossen kurbelten wir wieder hoch und mangels eigener Entscheidungskraft ließ ich einfach mal das Steuer los und zog die Beine ein. Der Duo xl zog stoisch seine Bahn in 2.7 m/s steigen. Ein Kreis, zwei Kreise, drei Kreise – ohne Knüppel oder Pedale zu berühren.

Dieser Doppelsitzer fliegt offenbar tatsächlich am besten wenn NIEMAND steuert!

Dann kamen die Wolkenschleier von oben runter und ich musste das brave Flugzeug in eine neue Richtung lenken. Noch ein bisschen nach Osten bis kurz vor den Vogelsberg, dann mit +150 m los Richtung Nordwest. Es fehlten noch ziemlich genau 50 km. Auf dem Weg Richtung Biedenkopf wuchs unsere Reserve immer mehr und über Lahntal war klar, das wir unser Ziel um 100 km übertroffen hatten. Wir konnten abbiegen nach Marburg, ein direkter Einflug in links quer 04 und nach exakt 5:00 Stunden und 403 km berührte das gefederte Rad wieder den Heimatboden.

Ich stieg aus – und fühlte mich taufrisch. Nichts drückte, nichts war verspannt. Kein Gelenk war eingeschlafen und das Cockpit war tipptop aufgeräumt.

Und über dem rechten Knie ist wirklich noch Platz für eine Kaffemaschine.

Der Flugweg beim online contest:
https://www.onlinecontest.org/olc-3.0/gliding/flightinfo.html?dsId=6568348

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