Nun sind wohl bald wirklich alle abgeschwirrt, mit dem Kart nach Sinn, mit dem Fahrrad nach Falken-Gesäß oder zu Fuß von Twisp nach Tecate. Es ist ruhig geworden am Segelflugstart in der Ferienzeit.

Aber ein paar starten ihre Ferien immer noch direkt in Schönstadt und verbringen den Urlaub täglich nur 1000 m von der Heimat entfernt –in die Richtung wo man am schnellsten Ruhe vom Alltagsstress hat: Nach oben!

Diese Ferienflieger bedürfen überwiegend noch ein bisschen des Händchenhaltens. Es sind unsere neuen Flugschüler, die nicht nur das eintauchen in die dritte Dimension lernen müssen, sondern auch das viele Klein-Klein drumherum. Ein Flugzeug steuern ist einfach; Aber ein Flugzeug fliegen, vom Start bis zur Landung, mit Startaufbau, Fallschirm anlegen, anschnallen, Checkliste durchgehen, Funken, Wind checken, Rollen und abheben und dann aber tief bleiben – das ist schon schwerer.


Kaum in der Luft will einen die Thermik sofort aus der Flugbahn werfen, der Schlepper zieht einen in unerwartete Richtungen und dann muss man beim Ausklinken auch noch das Seil verfehlen. Was soll das mit dem Trimmen, ich kann den Knüppel doch festhalten? Und dieser irritierend flatternde Faden über dem Kopf, wofür? Wo ist überhaupt der Flugplatz abgeblieben, der war doch grad noch hinter uns? In der Kurve rauschts gewaltig und die Kühe werden größer – also Ziehen! Ziehen! Der Fahrtmesser quittiert das mit beleidigtem Gezappel um die 65 kmh-Marke. Naaaachdrückenn….Hups, ach, so fühlt sich schwerelos an. Schön, wollt ich aber grade gar nicht wissen. Also noch eine Kurve und dann Gegenanflug, aber nun verschwindet der Flugplatz ausser Sicht hinterm Flügel. Wo muss ich denn nun hin? Rechts abbiegen und da isser wieder. Aber direkt unter mir – wie komm ich denn da nun runter? Mit drücken wird’s wieder laut und die Ruder gehen schwer. Also Bremsklappen – peng, springen sie mir in die Hand und es geht dramatisch auf die Bäume zu. Besser flacher. Ohh, ach, der Boden ist noch gar nicht da? Oder doch, nun kommt er mir sehr entgegen; gut hörbar haben wir soeben die dritte Dimension verlassen. Puhh geschafft. Aber was ist das? Wir rollen in einer blöden Kurve Richtung Landereiter und das Vorderrad poltert über Bodenwellen. Ach stimmt – der Flug ist noch gar nicht zu ende; wir sitzen in einem 17 Meter breiten Zweirad ohne Lenker und fahren noch 60 km/h….
(so sahen meine Schulflüge aus.)

Davor und danach muss man schreiben, Fahren, schieben, heben, tragen und immer wieder gucken, gucken, gucken. Man darf nichts übersehen, auch wenn mal eben nur ein Getränk holen will. Wenns zu Ende ist, dann ist´s noch lange nicht vorbei. Das Landekreuz einsammeln, die Flugzeuge putzen (aber nur die blauen Eimer!), Fallschirme verpacken, Batterie ausbauen und anstecken, Funkgerät auf den Tisch, Caddy an die Steckdose, Kiste in den Schrank, Liste abschreiben, Knicken, Lochen, Heften. Flugbuch, Ausbildungsnachweis, Bordbuch und Tüchlein hier, Stöpselchen da.


Erstaunlicherweise lernen das Alles - und zwar fast sofort - auch die 13 – 17 jährigen die mit dem Kinderferienpass zwei Tage für zwei Flüge bei uns zu Besuch sind. Die sieben Jungs und drei Mädchen verstehen auch die kurze Theorieeinweisung und warum die kleineren soviel Blei in den Sitz laden müssen. Das ein Flugzeug auch ohne Hand am Steuer stabil fliegt glauben sie aber erst, nachdem ich es bewiesen habe. Vor dem Abheben überwiegt die Skepsis und die satte Sommerthermik schüttelt die kleinen Abenteurer durch. Trotzdem, Niemandem wird schwummerig und die Tüten bleiben in der Tasche. Schon beim zweiten Flug schaffen fast alle eine Kurve und einen Halbkreis zu fliegen. Und sie staunen, welche Weite, Größe und Schönheit dieser Blick auf die Welt vermittelt. Wie wattig zerzaust die Wolken zu uns kommen und wie klein die Häuschen, Menschchen, Autochen und Problemchen da unten ganz schnell werden können.

Problemchen, die auch deshalb klein sind, weil hinter den himmlischen Erfahrungen viele Leute ganz irdische Probleme lösen: Ute und Ulla mit ihrem perfekten Gastro-service, der gehandicapte Puria, der sich liebevoll und preußisch-präzise um das Groundhandling und die Sicherheit kümmert. David & David mit professioneller Übersicht am Startfunk, Matthias der im Hintergrund immer genau am richtigen Faden gezogen hat und natürlich die Schleppis, der unermüdliche Paul, Reinhard und Tobi mit blitzsauberen Starts und Landungen trotz Turbulenz.


Ja eigentlich auch der ganze Verein mit seinem schönen Flugplatz, geduldigen und coolen BfLs (Werner, …) und die oft kaum sichtbare Leistung der Chefetage (Justin, Edith stellvertretend). Unsere Fliegerfreizeit haben aber vor allem Jannis & Jannis (Paco) und die Nachwuchs-Professionals Till & Joshua geprägt, die auch bei kaltem Seitenwind in die Ferien über der Heimat gestartet sind und sich jetzt nochmal 2500 m hoch in den Himmel träumen (mit den Eltern am Strand liegend?). Einer denkt vielleicht auch nach, warum man mit 200 kmh so schnell ist – auf einem Feld bei Bracht.


Und ein kleines bisschen danke ich mir selbst, das ich damals mit 16 so beharrlich mit dem Fahrrad die 18 km zum Flugplatz geradelt bin und deshalb heute Anderen das Fliegen zeigen kann. Ich hatte schöne Tage in diesen Tagen. Wenn ich einmal auf dem Sterbebett liege, werde ich mir bestimmt nicht vorwerfen: „Ach hätt ich doch mehr Zeit im Büro verbracht“

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