Ultraleicht - Aktivitäten
Was macht man als UL-Flieger? Nachfolgend einige Beispiele:
Feierabendflüge
Die Mehrzahl unserer Flüge finden in der näheren Umgebung des Platzes statt. Es ist einfach herrlich nach Feierabend noch mal eben zum Flugplatz zu fahren, den Flieger herauszuholen und noch eine Runde zu drehen. Man bekommt schnell eine Distanz zu den alltäglichen beruflichen Belastungen und aus 2000 bis 10000 Fuß (wie es Dir beliebt) sieht die Firma ziemlich klein aus ;-) Das relativiert gar manches „Riesenproblem“ und macht Raum für eine gewisse Gelassenheit.
Aber nun soll es endlich los gehen!
Flieger checken (anders als beim Auto steigt man nicht einfach ein sondern nimmt sich eine Viertelstunde Zeit um sich zu überzeugen dass die Technik in Ordnung ist):
Gas geben, abheben …
… und den Flug genießen! Hier befinden wir uns zum Beispiel über Marburg und unser Blick geht hinüber in Richtung Ebsdorfergrund:
Im Vordergrund sehen wir Moischt, rechts davon (am Rapsfeld gelegen) „Hof Kapelle“. Dann folgt unser Blick der mit Büschen besetzten Hauptstraße entlang an Beltershausen vorbei nach Heskem. Wenn die Sonne darauf scheint sind die markanten Getreidesilos auch aus großer Entfernung erkennbar. In der Ferne links erkennt man Mölln, Dreihausen mit dem Steinbruch und Roßberg. Hinter dem Wald kann man auch noch Wermertshausen sehen. Aufgrund der Inversionswetterlage ist die Fernsicht heute noch nicht einmal besonders gut (an klaren Tagen kann man von Marburg aus die Frankfurter Hochhäuser sehen).
Wir melden uns nun nach unserem Feierabendflug bei „Marburg Info“ zur Landung an und bekommen die „Piste 22“ zugewiesen. Den Anflug machen wir wie üblich über die Platzrunde, der Endanflug erfolgt über Schönstadt hinweg. Weil es so einen Spaß macht fliegen wir heute bewusst deutlich zu hoch an und „slippen den Flieger herunter“:
Beim Slip kreuzt man Seitenruder und Querruder. In unserem Beispiel geben wir Seitenruder nach rechts und Querruder nach links. Wie am Horizontbild gut zu erkennen ist hängt das Flugzeug „schief“ in der Luft, mit der linken Seite nach unten und mit der Nase nach rechts. Der Kurs über Grund bleibt „Runway Heading“ (in der Verlängerung der Piste). Durch die seitliche Anströmung des Rumpfes entsteht ein erhöhter Luftwiderstand, was aufgrund der Wirbelbildung einen großen Energieverlust zur Folge hat. Die potentielle Energie des Fliegers wird an die Luftwirbel abgegeben (die kinetische Energie hält der Pilot mit der Fluggeschwindigkeit konstant). Folglich geht es abwärts wie im Fahrstuhl. Auch mein Passagier ist begeistert. Man kann den Slip nur dann machen wenn der Passagier mit Sicherheit von der „nicht ängstlichen Sorte“ ist! Frederic hat es nichts aus gemacht, er hat ruhig weiter gefilmt (das Foto ist ein Einzelbild aus seinem Film). Wenn nun der beabsichtigte Gleitpfad erreicht ist wird wieder in Pistenrichtung ausgerichtet, der Abfangbogen eingeleitet und sanft aufgesetzt.
Zum Abschluss werden dann noch die Mücken abgewaschen. Nach Vereinssitte macht das der Letzte der an diesem Tag geflogen ist. Je nachdem wer noch da ist kann man zum Ausklang des Tages noch etwas Fliegerlatein reden. Gemeinsam werden die Flieger in die Hallen eingeräumt.
Üben, üben, üben …
„Fliegen können heißt landen können!“. Dieser Pilotenspruch bestimmt wesentlich unseren Flieger-Alltag, auch nach der Ausbildung und dem Erwerb des Pilotenscheins. Es hat zur Folge dass wir regelmäßig üben müssen! Ein Beispiel soll das verdeutlichen. Wir vergleichen das Fliegen mit dem Autofahren:
Bei der Abfahrt von der Autobahn fühlen wir uns aufgrund langjähriger Routine sehr sicher. Wir haben das schon unzählige Male gemacht. Folgende Schritte sind erforderlich:
- 300 m vorher an der Dreierbake Blinker setzen
- Auf dem Seitenstreifen verzögern damit wir nicht aus der Kurve fliegen
- Abbiegen.
Die Ausfahrt ist immer gleich, der Vorgang ist immer gleich, alles ist im Gehirn abgespeichert und automatisiert.
Anders beim Fliegen:
- Jede Landung ist anders!
- Wie allgemein bekannt wird immer gegen den Wind gelandet. Was viele nicht wissen: Ein Anflug bei Windstille unterscheidet sich erheblich von einem Anflug bei starkem Gegenwind. Im Sommer kann einem (besonders bei Asphaltpisten) zusätzlich die Thermik einen Streich spielen: Die aufgeheizte Luftblase auf der Piste wartet nur auf unsere Luftwirbel um sich dann abzulösen, aufzusteigen und uns vor dem Aufsetzen wieder einige Meter hoch zu schleudern. Darauf muss man gefasst sein und angemessen reagieren können.
- Die Königsdisziplin beim Fliegen sind Seitenwindlandungen: Man hält im Anflug die Nase in Windlichtung (Fliegen mit Vorhaltewinkel), um dann kurz vor dem Aufsetzen den Flieger mit dem Seitenruder in Pistenrichtung auszurichten und gleichzeitig mit dem Querruder am seitlichen Abdriften zu hindern. Das erfordert viel Übung, muss aber von jedem Piloten beherrscht werden. Man kann sich nicht auf windstille Flugtage beschränken. Wenn man morgens weg fliegt und nachmittags wieder kommt kann man den schönsten Seitenwind haben (wenn im Sommer ein Gewitter in der Nähe ist kann er zudem auch noch böig sein).
Du ahnst es schon: Man fährt viel Auto und fliegt relativ wenig. Somit muss man sich ständig bemühen in Übung zu bleiben. Das Fliegen ist nicht schwer, jeder kann es lernen. Aber das Landen ist anspruchsvoll. Wenn man nicht gerade Fluglehrer ist heißt die Konsequenz: üben, üben, üben. Aus diesem Grund verbringen wir einen erheblichen Teil unserer Flugstunden damit Platzrunden zu fliegen und Landungen zu üben. Bei herrlich schönem Seitenwind hört man im Funk: „ D-MHBS Endanflug Piste 22, Aufsetzen und Durchstarten!“. Auch simulierte Notlandeübungen stehen regelmäßig auf dem Programm: Mit „Standgas“ gilt es, aus unterschiedlichen Ausgangshöhen und Ausgangspositionen punktgenau an der Schwelle der Piste aufzusetzen. Besonders bei Wind sind diese Übungen ziemlich anspruchsvoll.
Hin und wieder geht aber auch mal eine Landung daneben. Zwischen Katzenlandung und Plumpslandung entscheiden manchmal nur 3 Sekunden, und manchmal funkt einem kurz vor dem Aufsetzen eine Windböe oder die Thermik dazwischen. Das ist nicht gefährlich, kann aber wenn es schief geht Schäden am Fahrwerk oder gar am Propeller zur Folge haben. Hier ist äußerste Konzentration erforderlich und die Hand am Gashebel, um bei zweifelhafter Lage durchzustarten.
Ausflüge:
Am Wochenende bietet sich ein Ausflug zu einem Flugplatz in der näheren Umgebung an. Wenn man Kontrollzonenatmosphäre und Action haben will kommt der Flughafen Paderborn in Frage. Wenn man Kontrollzonenatmosphäre und Einsamkeit sucht fliegt man den Flughafen Kassel Calden an (die Fluglotsen und die Dame in der Cafeteria freuen sich wenn endlich mal einer kommt).
An unkontrollierten Plätzen ist die Auswahl ziemlich groß. An diesem Sonntag wollen wir nach Koblenz fliegen.
Hier sind wir schon gestartet:
Trotz Kollisionswarnsystem und intensiver Luftraumbeobachtung ist es ein Gebot der Sicherheit, sich bei Überlandflügen bei den Fluglotsen anzumelden und um Verkehrsinformationen zu bitten:
Langen Information – Delta Mike Hotel Bravo Sierra
D-MHBS - Langen
D-MHBS Ultraleichtflugzeug C42, südlich Marburg in 3800 Fuß, VFR-Flug von Marburg nach Koblenz, erbitte Verkehrsinformation
D-MHBS - QNH 1022 - Squawk 3703
D-MHBS QNH 1022 – Sqwawk 3703
Man bekommt den aktuellen Luftdruck mitgeteilt und einen Transpondercode zugewiesen. Nachdem man beides „zurück gelesen“ hat ist man ab sofort bis zu seiner Abmeldung in der Radarüberwachung registriert und bekommt (soweit dies für die Fluglotsen aufgrund der Verkehrslage möglich ist) mitgeteilt wenn einem ein anderes Flugzeug zu nahe kommen sollte. Das läuft z.B. folgendermaßen ab:
D-MHBS – Verkehr von rechts 14 Uhr, in ihrer Flughöhe
D-MHBS – Verkehr in Sicht, sinke auf 3500
Nachdem man den Flieger gesehen hat versucht man herauszufinden ob er sich gegenüber dem Hintergrund bewegt. Tut er das besteht kein Handlungsbedarf. Tut er das nicht handelt es sich um eine sogenannte „stehende Peilung“. Es besteht Kollisionsgefahr. In so einem Fall würde auch das Kollisionswarngerät anschlagen. Ein Ausweichen ist dringend geboten. Aufgrund des riesigen Luftraums und der wenigen Flugzeuge kommen solche Ereignisse glücklicherweise sehr selten vor. Aber wie die Berichterstattung in der Presse verdeutlicht hat ist ein gewisses Restrisiko für eine Kollision immer vorhanden. Dessen sollte man sich beim Fliegen stets bewusst sein.
Koblenz ist ein besonders schöner Flugplatz. Wenn Du von „Koblenz Info“ die Piste 06 zugewiesen bekommst bist Du ein Glückspilz! Egal ob die Nord- oder die Süd-Platzrunde zugeteilt wird: Der Queranflug führt direkt auf die Moseltalbrücke zu.
Blick vom rechten Gegenanflug 06 aus der Südplatzrunde auf das Moseltal hinunter (der Platz befindet sich rechts hinter dem braunen Feld):
Aber Vorsicht wenn der Seitenwind im Endanflug von rechts aus dem Moseltal heraufkommen sollte: Durch die Verwirbelung an der Hangkante kann es vor dem Aufsetzen ziemlich ungemütlich werden.
Nach der Landung wird auf dem Turm die Landegebühr bezahlt. Wenn man das Flugplatzgelände verlässt ist man schon im Weinberg und kann dort einen kleinen Spaziergang machen, mit Blick runter auf die Mosel. Anschließend vor dem Rückflug noch griechisch essen gefällig?
Ein Tagesausflug zum „Berg der Flieger“ auf die Wasserkuppe ist auch eine gute Idee. Man ist von Marburg aus inklusive Start und Landung in deutlich weniger als einer Stunde hin geflogen und kann dort einen schönen Nachmittag verbringen.
Highlights der fliegerischen Aktivitäten sind Ausflüge in die Alpen oder an die Küste. In weniger als drei Stunden bist Du beispielsweise nach Borkum (easy) oder Helgoland (nur für Geübte) geflogen. Die Kosten sind mit den regulären Fahrpreisen für öffentliche Verkehrsmittel vergleichbar. Bei wenig Gegenwind bräuchte es noch nicht einmal eine Zwischenlandung. Da wir umweltbewusst sind und am Zielflugplatz kein verbleites Avgas tanken wollen müssen wir allerdings doch zwischenlanden. Man kann morgens hin und abends zurück fliegen. Eine Übernachtung auf Borkum wäre auch möglich, das Dünenhotel befindet sich direkt am Flugplatz.
Hier bleiben spektakuläre Landschaftsbilder unvergesslich, wie z.B. der Blick bei Ebbe von Norderney über Baltrum und Langeoog bis nach Spiekeroog: